"Digitalpakt" Schule: Ausgeschlossen und abgehängt?

Sozialpädagogische Fachkräfte an Schulen bekommen keine Endgeräte?

Ein Kommentar von Annette Karsten für das Referat Sozialpädagogik und Frank Engelhardt für die Landesfachgruppe Sozialpädagogische Fachkräfte im Schuldienst in Hessen

Die Mittelzuweisung des Hessischen Kultusministerium (HKM), im Programm „Digitale Schule Hessen" (Digitalpakt) 2019 bis 2024 festgeschrieben, soll den kurzfristigen Bedarf an „schulgebundenen Geräten“ für Lehrkräfte decken. Lehrkräften sollen Leihgeräte für die Durchführung digitaler Unterrichtsformen im Präsenzunterricht und im Distanzlernen sowie für die Unterrichtsvor- und Unterrichtsnachbereitung zur Verfügung gestellt werden. Der Einsatz der „schulgebundenen Geräte“ sei nicht für allgemeine Verwaltungsaufgaben vorgesehen, sondern für den Einsatz im Unterricht, so die Aussagen des HKM an die Schulträger und Schulämter.

Uns wurde bekannt, dass bereits einzelne Schulträger mit Bedarfsabfragen begonnen haben. In diesen Bedarfsabfragen wurden jedoch die sozialpädagogischen Fachkräfte beim Anspruch auf ein „schulgebundenes Geräts“ ausgeschlossen. Die Begründung lautete, dass die Geräte für Lehrkräfte vorgesehen seien, die Unterricht vorbereiten und diesen auch abhalten würden. Einer aktuellen Aussage des HKM zur Folge sei eine „Priorisierung“ für die „schulgebundenen Geräte“ vorgenommen worden, die für den Einsatz im Unterricht vorgesehen sein. Der Nachsatz, wenn Geräte übrig blieben, könnten dann auch einige SozPäds welche bekommen, wirkt beschämend!

SozPäds haben einen Bildungs- und Erziehungsauftrag

Für SozPäds gelten die Dienstordnung und die Konferenzordnung und natürlich auch das Hessische Schulgesetz (HSchG). Sie arbeiten in multiprofessionellen Teams in allen Schulformen. Sie arbeiten in der inklusiven Beschulung.

  1. Sie sind im „Distanzlernen“ für Schülerinnen und Schüler fester und notwendiger Bestandteil des digitalen Unterrichtsgeschehens.
  2. SozPäds stehen seit dem ersten Lockdown in digitaler Kommunikation mit Schülerinnen und Schülern der Risikogruppen in Kontakt (meist natürlich mit ihren privaten Geräten).
  3. SozPäds bereiten Fördereinheiten für einzelne Schülerinnen und Schüler vor und führen diese digital durch.
  4. SozPäds eröffnen Schülerinnen und Schülern eine Möglichkeit bei persönlicher sozial-emotionaler Schräglage, ausgelöst durch die Corona-Krise mit Merkmalen der Isolation und Deprivation, auch digital mit vertrauten Personen Kontakt aufzunehmen.

Allein dieser kleine Ausschnitt der unterrichtsbegleitenden Tätigkeiten im Rahmen des Bildungs- und Erziehungsauftrags der SozPäds kann wohl kaum als „verwaltungsbezogene Funktion“ bezeichnbet werden, wie es im Text der Verwaltungsvorschrift zur Umsetzung des "Digitalpakts" heißt.

Mit dem Ausschluss der SozPäds werden unterrichtsbegleitende Prozesse in allen Schulformen zunichte gemacht, der bestehende Kontakt zu Schülerinnen und Schüler in der inklusiven Beschulung abgeschnitten und somit beendet, ihr sozialpädagogischer Auftrag vom multiprofessionellen Team abgespalten. Den Sozialpädagogischen Fachkräften wird eine Absage an ihren pädagogischen Auftrags erteilt und es wird ihnen die Arbeitsgrundlage entzogen. Ihrer Profession wird der Bildungs- und Erziehungsauftrag entzogen!

Oder geht das HKM davon aus, dass SozPäds ein privates Gerät für ihren unterrichtsbegleitenden Bildungs- und Erziehungsauftrag mit den Schülerinnen und Schülern nutzen sollen? Während die Kolleginnen und Kollegen das „schulgebundene Gerät“ nutzen!

Weitere Aspekte des Abhängens offenbaren sich

Corona bedingt werden die meisten Konferenzen, Teamsitzungen, kollegiale Fallbesprechungen, innerdisziplinäre und interdisziplinäre Beratungen und Besprechungen in den Schulen digital über unterschiedliche Plattformen und Anbietern vom Schulleiter einberufen und abgehalten. Je nach Inzidenzlage sogar wird dies als Dienstanweisung ausgegeben, um die Durchmischung von Personen und damit die Verbreitung des Virus zu minimieren.

Nach dem Vorhaben des HKM, den Anspruch auf ein „schulgebundenes Gerät“ den SozPäds nicht zu gewähren, können diese ihre Dienstpflichten nicht mehr leisten.

Oder geht unser Dienstherr auch hier davon aus, dass wir SozPäds private Endgeräte für diese Dienstpflicht nutzen sollen, mit der Option, dass die Endgeräte immer auf dem technisch neuesten Stand und natürlich datenschutzkonform sein sollen? Wer finanziert uns das?

Das Land hat 71.000 E-Mail-Adressen für Lehrkräfte und sozialpädagogische Fachkräfte für den sicheren E-Mail-Verkehr finanziert, der zum nächsten Schuljahr eine verpflichtende Nutzung beinhaltet. Mit welchem Endgerät sollen SozPäds dieser Dienstpflicht nachkommen?

Wir können alle davon ausgehen, dass die Corona-Pandemie unsere Gesellschaft noch lange begleiten und sowohl das Lernen, als auch die pädagogischen Prozesse beeinflussen wird. Wir können davon ausgehen, dass es immer wieder zum „Distanzlernen“ für Schülerinnen und Schüler kommen wird. Und in diesen Fällen wird dann unterrichtsbegleitende Arbeit und sozialpädagogische Arbeit nicht möglich sein. Wir SozPäds fordern das HKM auf, dies nicht zuzulassen.

Wir SozPäds fordern Kultusminister Lorz auf, die von ihm ins Leben gerufene Idee und geschaffene Ressource der sozialpädagogischen unterrichtsbegleitenden Unterstützung an Hessischen Schulen nicht an die Wand fahren zu lassen – Schülerinnen und Schüler brauchen SozPäds auch im Distanzlernen!

Wir SozPäds fordern unseren Arbeitgeber, das Land Hessen auf, uns SozPäds nicht abzuhängen!

Alle SozPäds, die schon länger im Schuldienst sind, haben noch nie eine derartige Ausgrenzung und ein Außerachtlassen ihrer Profession und Arbeit erlebt!

SozPäds dürfen vom DigitalPakt Schule nicht abgehängt werden!

Bild: tianyi-ma, unsplash.com
Quelle: gew-hessen.de